Kiesgewinnung ermöglicht archäologische Forschung
Schon in vorgeschichtlicher Zeit wussten die Menschen die weiträumige, von der Lahn und ihrem Zufluss Allna geprägte Landschaft mit guter Bodenqualität zu schätzen: Seit nachweislich über 11.000 Jahren ist der Bereich des heutigen Ortsteils Niederweimar der Gemeinde Weimar (Lahn) besiedelt. Viele Spuren der frühen Talbewohner würden nie ans Tageslicht kommen und könnten nicht wissenschaftlich ausgewertet werden, würde die CEMEX Kies & Splitt GmbH in Niederweimar nicht ein Kieswerk betreiben. Die Kiesgewinnung mit nachfolgender Wiedernutzbarmachung der beanspruchten Flächen „wandert“ seit etwa fünfzig Jahren kontinuierlich durch die Lahnaue. Die CEMEX Kies & Splitt GmbH gewinnt die im Mittel zehn Meter mächtigen Kiessande im Trockenabbau.
Plan der Ausgrabungsfläche 2006–2013. Orange: vorgeschichtliche Siedlungsfläche. Grau unterlegt: die archäologisch untersuchten Erweiterungsflächen(Abbildung: hessenARCHÄOLOGIE S. Gütter)
Bei der Erschließung von Erweiterungsgebieten arbeitet das Unternehmen systematisch mit dem Landesamt für Denkmalpflege zusammen. Bevor sie die Kiesgewinnung in einem neuen Areal aufnehmen, stellen die CEMEX-Mitarbeiter eine grabungsfähige Fläche für die Archäologen her,
die dann zunächst Befunde dokumentieren und Fundstücke bergen: Im Kieswerk Niederweimar bietet sich die seltene Möglichkeit für eine wissenschaftliche Spurensuche in der großen Fläche.
Linearbandkeramischer Kumpf, ein henkelloses Gefäß mit rundem Boden und geritzten Verzierungen
(Fotos: hessenARCHÄOLOGIE R. Braun)
„Archäologische Untersuchungen in den für den Kiesabbau vorgesehenen Flächen der Gemeinde Weimar (Lahn) gehören seit 1991 zu unseren Daueraufgaben. So konnten in den vergangenen 23 Jahren ein Areal von insgesamt 30,4 Hektar flächendeckend archäologisch untersucht und dabei über 5.500 Befunde von der Mittleren Steinzeit bis zur Neuzeit dokumentiert werden“, erklärt Dr. Christa Meiborg, hessenARCHÄOLOGIE, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Außenstelle Marburg. „Diese umfangreichen Ausgrabungen mussten und müssen in den komplexen Ablauf der Kiesgewinnung eingetaktet werden. Dass dies immer wieder gelingt, ist in erster Linie der guten Zusammenarbeit mit der CEMEX Kies & Splitt GmbH als Eigentümer der Kiesgrube zu verdanken.“
Bronzefibel (Gewandspange) vom Ausgang der Eisenzeit/Übergang zur Römischen Kaiserzeit (um Chr. Geb./50 n. Chr.)
(Fotos: hessenARCHÄOLOGIE R. Braun)
Steinzeitliche Keramik, eisenzeitliche Gebäude, Brenngruben aus dem Siebenjährigen Krieg
Die großflächigen Geländeaufschlüsse brachten schon eine Vielzahl archäologisch relevanter Relikte zutage. In den jüngsten Grabungskampagnen gelang es zum Beispiel, Spuren der ältesten Bauernkultur in Mitteleuropa freizulegen, der jungsteinzeitlichen Linearbandkeramischen Kultur (ca. 5600–4800 v. Chr.). Auch in der Eisenzeit (800 v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.) waren große Bereiche der untersuchten Flächen wohl begehrte Siedlungsstandorte. Das zeigen vielfach dokumentierte Vier- und Sechs-Pfosten-Grundrisse, eine späteisenzeitliche Gewandspange und zahlreiche Keramikfunde. Selbst zur neuzeitlichen Geschichtsschreibung tragen die Forschungsarbeiten im Kieswerk Niederweimar der CEMEX Kies & Splitt GmbH bei: Bei den Ausgrabungen der aktuellen Fläche fanden die Archäologen 2013 die Überreste von bislang 53 Brenngruben mit verziegelter Sohle. Sie vermuten darin die Hinterlassenschaften eines Heerlagers aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756–1763). Geborgene Bleireste könnten auf den Guss von Kugeln vor Ort hinweisen.
(Fotos: hessenARCHÄOLOGIE R. Braun)
Dr. Christa Meiborg: „Die Ausgrabungsergebnisse aus den neuen Erweiterungsflächen der Kiesgrube machen erneut deutlich, wie wichtig die großflächigen archäologischen Untersuchungen zur Erforschung dieser vor- und frühgeschichtlichen Siedlungskammer sind und dass die Archäologie – selbst mit Blick auf die Neuzeit – noch neue Erkenntnisse zur Geschichtsforschung beitragen kann.“
Die Kiesgewinnung der CEMEX Kies & Splitt GmbH schafft die Voraussetzung für einen Einblick in die lange Geschichte des über die Zeiten hinweg günstigen Siedlungsplatzes im Lahntal. Die Fundstelle Niederweimar gilt als eines der wichtigsten archäologischen Großprojekte in Hessen.